Tobias (25) „Wieso ich wieder anfangen will“ (Kurzversion)

Erfolgsgeschichten mit dem Rauchen aufgehört

Ich bin seit 5 Wochen clean und wer weiss, wie lange noch? Ich schreibe diesen Bericht, da ich mit Schreiben ein wenig meine Gedanken ausbreiten und mich damit selbst zerstreuen kann.

Ich Nichtraucher? Eine kurze Zusammenfassung: 25 Jahre, 9 Jahre täglich rund ein Päckchen geraucht, seit fast 6 Wochen radikal Null Nikotin.

Wieso ich wieder anfangen will? Einfach weiterlesen.

Der Anfang:
Nun, ich war fast 16 Jahre alt, als der Kollege eine frische, abgebrochene Zigarette fortwerfen und zertreten wollte. Ich las sie wieder vom Boden auf, zündete den Stummel an… Als ich dann auf einer Party eine Zigarette schnorrte und mir 2 Wochen später mein erstes Päckchen kaufte, war dies der Beginn meiner Raucherkarriere. In der Klasse war Rauchen normal und so wuchs mein Konsum bis auf ein bis zwei Päckchen pro Tag, als ich im Internat mit einem anderen Raucher das Zimmer teilte.

Als ich im dritten Jahr das Zimmer alleine hatte, war es strikt rauchfrei und ich konnte meinen Konsum wieder auf etwa 15 Zigaretten pro Tag reduzieren. Zu Weihnachten dieses Jahres unternahm ich dann meinen ersten Aufhör-Versuch, welcher nach eineinhalb Wochen wieder abgebrochen wurde. Der Grund für das Aufhören waren psychische Probleme (Weihnachten, Pubertät) und eine schmerzende Lunge. Auch ich musste feststellen, dass selbst die schwächsten Zigaretten (1 auf 0.1) der Lunge Schaden zufügen. Entzugserscheinungen hatte ich während dieses Versuches keine.
Das vierte und fünfte Jahr verlief ähnlich. Am Ende der fünfjährigen Ausbildung konnte ich zurückblicken auf fünf Jahre Rauchen und Trinken und das nicht zu knapp.

Im Militärdienst (welches in der Schweiz obligatorisch ist für jeden) rauchte ich aus Langeweile bis zu drei Päckchen pro Tag. Als ich meinen Beruf anfing, war ich so beschäftigt, daß ich bis auf ein halbes runterging und diese zur Entspannung rauchte. Im zweiten Jahr dieser Ausbildung startete ich dann meinen zweiten Versuch, komplett aufzuhören. Es gab damals keinen Grund, wieso ich aufhören wollte. Mein Fehler war, dass ich aus „sentimentalen“ Gründen ein volles Päckchen aufbewahren wollte. Nach eineinhalb Wochen war das Päckchen offen und es fehlte die erste Zigarette. Den Rest kann man sich denken.

Das Ende:
So und jetzt hab ich zum dritten Mal aufgehört. Oh, im Nachhinein war es nicht ganz so einfach. Es war beinahe nach Lehrbuch, was ich alles durchmachte, aber bis jetzt hab ich es geschafft. Es gab einige schwierige Momente, aber auch ein paar befriedigende. Angefangen hat es mit den körperlichen Entzugserscheinungen, welche etwa drei Tage dauerten. Ich hatte zwar keine zittrigen Hände, aber innerlich war ich nervöser und gereizter als sonst und hatte ständig das Gefühl, dass ich etwas vergessen hatte. Ich trank etwa doppelt soviel Flüssigkeit als sonst und habe etwa 5 Kilo zugenommen, da ich den Körper mittels Schokoladenbonbons beschäftigen wollte. Schlafprobleme hatte ich auch. Dies zog sich noch bis in die fünfte Woche hinein. Der Abend war jeweils das schlimmste, weil ich auf einmal viel mehr Zeit zur Verfügung hatte. Nach den ersten drei Tagen hatten sich meine Geschmackssinne wieder auf das volle Spektrum entfacht. Zwar konnte ich nun das Essen im Restaurant etwas mehr geniessen, habe jedoch zum grössten Teil einfach nur entdeckt, wie sehr eine Stadt stinken kann.

Die zweite Woche war die Woche des Zurechtfindens. Nachdem sich der Körper vom ersten Schock erholt hatte, konnte ich beginnen, die Psyche auf diesen Zustand zu trimmen. Meine Schokolade-Lust kam langsam zum Erliegen und ich wusste, dass ich nun während der nächsten Zeit sehr schnell wieder auf mein Normal-Gewicht zurückkehren würde.

Am Anfang der dritten Woche kam dann die erste Härteprobe. An einem Sonntagabend hatte ich sowas wie einen Rückfall, was heissen will, dass ich nicht schlafen konnte. Ich habe mich stattdessen an den Computer gesetzt und ein wenig geschrieben (so wie jetzt). Dieser Abend war der schwierigste in der ganzen Entzugsphase.

Die wohl wertvollste Erfahrung meines Entzuges ist die Veränderung meiner Haut, welche nach rund zweieinhalb Wochen eintrat. Mittlerweile hat sich das Leben fast normalisiert, ich arbeitete normal, ich schlief wieder fast normal, hatte normal Hunger und hatte mittlerweile auch wieder die 5 Kilo abgenommen, es gab nur ein Problem: Ich hatte zu nichts mehr Lust.

Das Ende vom Ende? (Nicht lesen, wenn man aufhören will)

Hier stehe ich nun. Ich bin seit mehr wie fünf Wochen strikt Nichtraucher und stehe vor einem Lebensumbruch, denn das Studium fängt in zehn Tagen wieder an. Aber ich habe einfach keine Energie. Und das führt mich schwer in Versuchung.
Es fehlt mir etwas: Die Zigarette. Nicht das Nikotin, sondern der Zustand des Rauchens.

Was nun folgt, ist meine Hommage an das Rauchen:

Was anfangs Gruppenzwang bei mir war, hat sich bei mir zu Rauchritualen gewandelt, die ich am liebsten alleine durchführe. Ich genoss es, alleine zum Bahnhof zu laufen und dabei eine Zigarette in der Hand zu halten. Beim Lesen der Zeitung, Rauch aufsteigen zu lassen. Im Regen und Gewitter unter einem schützenden Dach zu stehen, eine Zigarette zu rauchen und dem Naturspektakel zuzuschauen. Einen Kaffee zu trinken und dabei den blauen Dunst durch die Zähne zu ziehen. Nach einem guten Essen zurückzulehnen und ein Lungenbrötchen zu sich nehmen. Und ganz besonders nach einem Arbeitstag in einer lauen Sommernacht auf meinem Balkon zu sitzen und mir eine anzuzünden.

Die Wirkung des Nikotin spüre ich kaum, da ich Zigaretten mit einem niedrigen Nikotingehalt rauche. Aber eine Zigarette erlaubt es mir, eine Arbeit zu unterbrechen, den Raum zu verlassen und die Gedanken zu zerstreuen. Mit einer Zigarette schaffe ich mir Abstand von der Arbeit, welche meine Konzentration sonst gänzlich in Anspruch nimmt. Dadurch, dass ich nur im Freien rauche, komme ich zusätzlich an die frische Luft. Durch die frische Luft und die Denkpause bekomme ich meine Gedanken wieder frei.

Wenn ich aufgrund der Zigarette etwas gelernt habe, dann ist das Gemütlichkeit. Stress hat bei mir mit der Zigarette wenig am Hut. Wenn ich Stress habe, dann rauche ich nicht. Nach dem Stress jedoch geniesse ich dann eine Zigarette.

Respekt, Akzeptanz, Toleranz und Vorbild: Ich respektiere, akzeptiere und toleriere die Wünsche von anderen Leuten und Rauchverbote. Ich füge mich den Vorschriften, an bestimmten Orten wie auch Tankstellen nicht zu rauchen und ich kenne die Gefahr von Passivrauchen. Sofern es geht, versuche ich es zu vermeiden, vor Kindern zu rauchen, lasse sie jedoch gegebenfalls nicht glauben, dass ich ein gutes Vorbild sein könnte.

Gesundheit: Nikotin ist eine Droge und ich weiss das. Rauchen ist gesundheitsschädlich, Passivrauchen ebenso. Jedoch ist nichts wirklich schädlich, solange es mit Mass genossen wird. Hier somit die Aussage meines Arztes: „Rauchen sie, wenn sie wollen, Treiben sie sowenig Sport, wie sie wollen. Solange es ihnen gut tut.“. Eine gewisse Anzahl an Zigaretten ist für mich eine Genugtuung, eine Belohnung. Diese Belohnung fehlt mir und daran habe ich psychisch zu kauen.

Wie wird es weitergehen?

Nachdem ich diesen Text geschrieben habe, war ich nicht viel weiter, als vorher. All die Gedanken, die ich hier niedergeschrieben habe, sind noch viel ausführlicher in meinem Kopf drin und zwar schon lange. Für heute habe ich es wieder geschafft, dem Rauchen zu widerstehen, schliesslich habe ich fast fünf Stunden an diesem Text geschrieben. Aber so wie es aussieht werden meine rauchfreien Tage schon bald zu Ende sein. Nicht, weil ich es nicht mehr aushalte, sondern, weil ich es mir nicht mehr leisten kann, unproduktiv zu sein. Die Zigarette hilft mir, produktiver zu sein, so sieht es auf jeden Fall aus.

Mein Ziel ist somit: Gelegenheitsraucher. Ich rauche dann, wenn ich mich belohnen will, wenn ich wirklich Lust dazu habe.

Schockiert, dass ich wieder anfangen möchte? Wer weiss, ich schlafe jetzt mal drüber und dann seh ich wieder weiter. Ich rufe morgen mal noch eine Beratung an. Mal schauen, was die sagen.

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