Maria (25) „Ich bin es leid – mein Nichtraucherbericht“

Erfolgsgeschichten mit dem Rauchen aufgehört

Hallo,
ich heiße Maria, bin 25 Jahre alt und habe ca. 10 Jahre lang geraucht. Furchtbar, die Zahl so schwarz auf weiß zu sehen. Ca. 15 Zigaretten am Tag, selten weniger, gerne mehr.

Ich habe früher mehrmals versucht, aufzuhören. Als ich ganz jung war, wohl vor allem aus Geldmangel. Das ganze Taschengeld ging für Zigaretten drauf und manchmal reichte es nicht bis Ende des Monats. Nichtraucherfreunde haben mir Geld geliehen, damit ich mir noch eine Schachtel kaufen kann. Dieselben Freunde wollten, dass ich aufhöre. Wenn ich sie dann aber mit einem Hundeblick am Ende des Monats anstarrte, liehen sie mir Geld für Zigaretten. Dabei haben damals die Zigaretten weniger gekostet und ich habe auch weniger geraucht als heute.
Einen GROßEN Aufhörversuch startete ich noch einmal vor einigen Jahren. Grund waren meine Eltern, vor allem meine Mama, die ganz traurig waren, dass ich mich zugrunde richte. Eltern kauften mir damals auch Nikotinkaugummis und Nikotinpflaster. Ein traurig-witziger Aufhörversuch war das. Ich wollte wirklich aufhören. Habe auch alles, was der Markt angeboten hat, an Ersatzmitteln zum Aufhören eingesetzt und gleichzeitig ALLE Nebenwirkungen gehabt:

Meine Ersatzmittel DAMALS:
– Ich kaute Nikotinkaugummis, klebte irgendwann Nikotinpflaster, weil sie mir „besser“ geholfen haben, gegen die Sucht anzukämpfen.
– Ich kaute normale zuckerfreie Kaugummis (vor allem als ich die Pflaster geklebt habe, musste ja den Mund beschäftigen).
– Ich gönnte mir eine Zahnreinigung und Besuche bei Kosmetikerin, hatte ja schließlich mehr Geld übrig.
– Ich fing an, mehr Obst und Gemüse zu kaufen, selbst zu kochen und mich gesund zu ernähren.
– Ich war in diesem Forum hier aktiv, habe andere Leute motiviert, gemeinsam aufzuhören und durchzuhalten.
– Ich las das Buch von Allen Carr und war so begeistert und gestärkt, dass ich es gleich weiter verschenkt habe, um anderen Rauchern zu helfen.

Was kam raus, DAMALS:
– Von den Nikotinkaugummis brannte mein Zahnfleisch, ich mochte es, ich wusste dadurch, dass sie wirken. Von den Nikotinpflastern wurde mir extrem schwindelig und ich bekam Hitzewallungen. Die netten Apotheker haben mir das stärkste Pflaster gegeben, denn ich kam zittrig hin und meinte, dass die Nikotinkaugummis nicht wirken. Ich war Anfang 20 und war auf dem stärksten Pflaster, den die Industrie zu bieten hat.
– Von den normalen Kaugummis tat mir der Kiefer weh! Ich kaute wie besessen und ununterbrochen auf den Kaugummis rum. Danach hatte ich das Gefühl, ich hätte mir den Kiefer ausgerenkt.
– Durch die teueren „Belohnungen“ fürs Nichtrauchen blieb mir nie mehr Geld übrig, ich habe nichts gespart, auch nicht für Belohnungsurlaub am Ende des Jahres. Ich habe dann gleich gedacht – egal, du investierst es lieber in deine Gesundheit (Zahnarzt, etc) als in Zigaretten. Aber mehr Geld hatte ich trotzdem nicht über und war Ende des Monats knapp bei Kasse.
– Das gesunde Essen hat auch Geld gekostet. Selber kochen spart ja Geld. Nicht aber, wenn man „extra-gutes“ einkauft. Also vermehrt Bio und Produkte, die man früher nie gekauft hat, weil sie eigentlich zu teuer für das Budget sind.
Dafür wurde ich auf andere Weise reich. Und zwar reich an Pfunden! Und das TROTZ selber kochen und gesunden Lebensmitteln. Ich achtete zwar auf Ernährung, nicht aber darauf, welche Mengen ich zubereitete. Kochen und mit Lebensmittel rumexperimentieren wurde zur Ablenkung und zum Hobby. Ich hatte ständig Reste im Kühlschrank. Und die habe ich dann auch gefuttert, sobald ich Lust drauf hatte. War ja alles aus Gemüse, nur Vollkorn und keine Schokolade bzw Süßes.. Die Menge macht’s! Selbst „perfekt-gesundes“ Essen richtet Schaden an, wenn man es unbeachtet, eimerweise frisst! 10 Kilo mehr hatte ich dann und war sehr, sehr traurig darüber.
– Im Nichtraucherforum bekam ich viel Unterstützung und Aufmunterung, wenn ich Schmacht hatte. Ich hatte gerne Schmacht und Entzugserscheinungen. Denn dann konnte ich das posten und bekam gleich Zuwendung.
– Meinen Freunden ging ich auf die Nerven, weil ich sie umzukehren versuchte und niemand wollte das Buch von Allen Carr lesen. Mich störten unter dessen die Raucher auf der Straße. Sie stanken und qualmten mich zu, ohne Rücksicht! Aber nicht nur sie stanken. Die Straße hat gestunken. Ich roch auf einmal alles – auch den Müll in den Mülleimern, die Abgase etc.
– Zu all dem kommt noch hinzu, dass ich WOCHENLANG nicht schlafen konnte! In manchen Nächten bin ich wach geblieben, ohne auch nur ein Auge zuzumachen. Oder ich schlief nur 1-2 Stunden.

TROTZ ALL DEM: ich war stolz auf mich, dass ich nicht rauche! Und ich WOLLTE WIRKLICH Nichtraucher sein! Ich hatte mich belesen und wusste, dass alle Nebenwirkungen irgendwann aufhören. Ich habe ein halbes Jahr dieser Entzugsqual fröhlich durchgehalten.
UND „DENNOCH“ wurde ich rückfällig. Und habe ab der ersten gerauchten Zigarette auch nicht mehr daran gedacht, sie als Ausrutscher zu verzeichnen und weiter stark zu bleiben.

3 Jahre später:
Die Zigaretten kosten immer mehr Geld, meine Raucher-Freunde kann ich an einer Hand abzählen – viele haben aufgehört, die meisten neuen Freunde, wie sie im Leben so kommen, haben noch nie geraucht. Rauchen ist uncool. Immer mehr werde ich schräg von der Seite angeschaut. Am liebsten rauche ich bei mir auf dem Balkon. Wenn mein Freund nicht da ist, er ist Nichtraucher. Manchmal, am Wochenende raucht er eine mit, wundert sich aber, dass ich nicht nur ein Gelegenheitsraucher bin, wie er ja auch.
Ich schäme mich wohl immer mehr dafür, dass ich nicht nur aus Gelegenheit und z.B. mit Alkohol rauchen kann. Ich bin aber auch die Blicke leid und will mich nicht bei jeder Zigarette erklären müssen. Ja, warum mag ich am liebsten 2, oder lieber gleich 3 Zigaretten zum Morgenkaffee?! Und nicht nur eine?! Eine sollte ja nun wirklich reichen.. Weiß ich nicht, ich weiß aber, dass ich auf solche Diskussionen nicht eingehen will, deswegen rauche ich am liebsten auf dem Balkon, wenn ich alleine bin. Weil ich das Rauchen liebe, bin ich lieber alleine als mit anderen. Dann sitze ich auf dem Balkon, rufe jemanden an und rauche dabei. Der Gesprächspartner sieht ja nicht, dass ich dabei rauche und vor allem WIEVIEL. Und das kann schon mal eine halbe Schachtel sein! Die meisten Kippen aus dem Aschenbecher wickle ich dann in Alufolie ein und schmeiße sie gleich weg, damit sie niemand entdeckt. Und damit mir niemand sagt, dass ich zu viel geraucht habe.

Mit anderen Menschen- Freunden, Bekannten, inklusive Freund, umgebe ich mich gerne am Abend, wenn wir weggehen und Alkohol trinken. Sind sie erstmal alle angetrunken, rauchen sie auch und verurteilen mich nicht. Dafür mag ich Alkohol. Überhaupt schmeckt eine Zigarette sehr gut mit einem Glas Wein, einem Bier, einem Cocktail. Viel besser als mit Cola oder Saft. Warum?! Weiß ich nicht, ich mag aber die Reihenfolge: ein Schluck, ein Zug…
Ich mag nicht die fürchterlichen Kopfschmerzen und den Gestank am nächsten Morgen. Mein Mund stinkt nach Qualm, auch wenn ich am Abend vorher meine Zähne geputzt habe. Meine Klamotten stinken. Das Kissen stinkt. Das GANZE Schlafzimmer stinkt! (Und ich rauche nie in der Wohnung). Es stinkt, weil ich soviel geraucht habe, dass es aus jeder meiner Poren austritt und das komplette Schlafzimmer verpestet!! Der Kopfschmerz. Der ist so schlimm, ich weiß gar nicht, wie ich ihn beschreiben soll, so stechend. Er ist immer da. Ibuprofen und Paracetamol habe ich auch immer da. Nach 2 Tabletten geht der Schmerz meistens weg. Und dann rauche ich gleich wieder die nächste Zigarette, kriege meinen Kick und freue mich.

Ich bin es leid! Schmerzen, Gestank, Schuldgefühle gegenüber meiner Umgebung und meinen Lieben, Unverständnis seitens meiner Umgebung. Dieses Versteckspiel. Das Geld. ZIGARETTENMANGEL!!!

Ich höre auf. Ich „vermisse“ kurzzeitig etwas, spreche aber mit niemand darüber. Ich will mich nicht reinsteigern, denn dann leide ich vielleicht noch mehr. Stattdessen lese ich Allen Carr, beide seiner Bücher. Er wiederholt sich oft. Trotzdem lese ich die Bücher gerne, denn er hat recht.

Ich lese die Beiträge von Menschen durch, die aufgehört haben zu rauchen. Ich will nicht selber schreiben, nur lesen. Warum klagen all diese Menschen über Entzugserscheinungen? Erwachsene Männer und Frauen, oft älter als ich, die so viel mehr im Leben erlebt und gemeistert haben als ich. Erwachsene, die erst SELBST aufhören wollen. Sie werden zu kleinen Kindern und beklagen ihren Entzug. Warum steigern sie sich so rein, sie leiden doch mehr dadurch.
Schlimmer noch. Ehemalige Raucher, die jahrelang Nichtraucher sind und diese Klage-Beiträge kommentieren. Sie schreiben, „Ich weiß wie du dich fühlst, mir ging’s genauso und selbst jetzt muss ich manchmal an Zigaretten denken. Aber nur ganz kurz und selten. Dafür geht es mir viel besser gesundheitlich, halte durch!“ Wem helfen sie bitte?! Sie erschrecken doch nur die armen Anfänger und so mancher revidiert dann vielleicht noch seine gute Entscheidung angesichts dieser Zukunftsaussichten der ewig wiederkehrenden Schmacht. Sollte man einen Menschen nicht nur durch Positives motivieren?! Und es hat nichts mit verheimlichen von negativen Informationen zu tun. Wenn ein Exraucher nach JAHREN noch manchmal rauchen will, heißt es nicht, dass es für alle so sein wird!! Ein Anfänger lässt sich dadurch erschrecken und entmutigen und fängt lieber wieder an zu rauchen, statt ewig zu leiden. So wird er nie erfahren, ob er tatsächlich jahrelang gelitten hätte. Wahrscheinlich wäre er ein glücklicher Exraucher, ohne Schmacht und Rückfälle, doch das wird er nie erfahren, denn er hat Angst und gibt zu früh auf.
Aber man klagt und bemitleidet sich ja gerne. Ich versuche mich auch schon krampfhaft an meinen Usernamen von vor 3 Jahren zu erinnern, damit ich meine eigenen Klage-Beiträge finden und lesen kann..

Ich schaue mir die Reportagen über das Rauchen an. Warum wusste ich so viele Fakten über das Rauchen und die Zielgruppe der Tabakkonzerne nicht? Ich, die sich damit auseinander gesetzt hat vor 3 Jahren?! Was habe ich damals falsch gemacht? Warum lief alles schief?! Obwohl ich doch alles richtig gemacht habe?!

Ich rauche mehrere Monate schon nicht mehr. Ich will nicht rückfällig werden. Den Stress, den ich als Raucherin hatte, will ich nicht mehr. Mir geht es gut. Ich schlafe durch, esse normal und nehme überhaupt nicht zu. Habe auch keine Verdauungsstörungen (die habe ich vergessen zu erwähnen, war auch nicht angenehm, DAMALS). Ich gehe aus, trinke Alkohol und will nicht rauchen. Ich will auch auf einmal gar nicht mehr so viel Alkohol trinken. Cocktails schmecken mir, Wein auch – und das OHNE ZIGARETTE, aber irgendwann ist dann auch gut. Mir schmeckt so einiges besser, aber ich habe nicht das Gefühl, ich muss deswegen mehr essen, weil es so gut ist. Und meine Umwelt stinkt diesmal nicht. Auch der Qualm der Nochraucher stört mich nicht.

Ich kaue meine Fingernägel nicht mehr. Ab und zu kaue ich Kaugummi. Wollte demnächst zur Zahnreinigung, aber die Zähne sind jetzt schon weißer, irgendwie hat die Zahnbürste das sauber bekommen, was sonst immer „etwas“ gelb war. Habe mir ein paar neue Sachen gekauft, aus Notwendigkeit, nicht als Belohnung. Habe das Gefühl, dass ich sie umsonst bekommen habe, denn es ist noch so viel Geld auf dem Konto drauf. Was ich mir aber demnächst wegen dem Nichtrauchen vorgenommen habe zu kaufen, ist eine neue Handtasche. Denn nun fliegen nicht überall Tabakkrümel rum und lassen eine gute Handtasche billig wirken. Denn, obwohl die Zigarettenschachtel immer zu war, waren die Tabakkrümel doch überall. Und suchte ich dann nach etwas in der Tasche, dann hatte ich diese Krümel unter den abgekauten Fingernägeln. Und noch was. Immer tat mir meine linke Schulter weh, wegen diesen Handtaschen. Seit ich nicht mehr rauche, brauche ich meine rechte Hand nicht für die Zigarette, somit hängt die Tasche seit Jahren wieder mal rechts- keine Schmerzen mehr.

Was das Rauchen angeht, mache ich mir um mich keine Sorgen. Mir geht es nur besser, ohne jegliche Nebenwirkungen, nur Positives. Und ich weiß nicht warum, denn der selbe Mensch, also ich, hat so gelitten, beim letzten Aufhörversuch. Ich will mir wegen dieser Ungereimtheit auch keinen Kopf zerbrechen. Ich freue mich lieber für mich. Sorgen mache ich mir um die Noch-Raucher, die aufhören wollen und dabei leiden. Freut euch mehr, haltet an eurem Vorhaben fest! Ihr trennt euch von der Zigarette, nicht vom Lungenflügel! Und Sorgen mache ich mir um die Kleineren, die noch keine Raucher sind und es nie werden wollen. Denn ich wollte als Kind auch nie Raucher sein. Und ich weiß nicht, warum ich es doch geworden bin und jahrelang geraucht und gelitten habe.

Maria

(Der Text ist länger geworden, als erwartet. Ich habe mir gerne die Zeit dafür genommen und auch den Mut, mein Suchtverhalten wahrheitsgemäß darzustellen. Ich hoffe, dass ich Menschen motivieren kann, ihr eigenes Suchtverhalten zu überdenken und positiv, ohne Angst vor Unbekanntem, an die Entwöhnung ranzugehen.)

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