Lars (39) „Nikotin- und Alkoholentzug in einem Rutsch“

Erfolgsgeschichten mit dem Rauchen aufgehört

Liebes Rauchfreiteam, ich heiße Jens, rauchte ca. 25 Zigaretten am Tag. Denn auch, wenn meine Rauchfreiheit noch nicht so „alt“ ist wie die anderer hier, können sicher einige, vor allem mit parallelem Alkoholproblem, im konstruktiven Sinne etwas mit meinem Erlebten anfangen.

Vor einer Woche auf der Rückfahrt von einer guten Freundin war es so weit: Ich (39,m) war am Ende. Zwei Wochen hatten wir durchgetrunken, gelacht und zahllose geraucht bis früh um drei. Mein Dauerhusten, der mich als ehemaligen Marathoni zusehends störte, steigerte sich morgens nach dem Aufstehen in eine Art Röcheln, so laut, dass einmal sogar der Nachbar anklopfte. War das nun „Alkoholentzugshusten“ oder Raucherasthma, niemand, selbst der Lungenfacharzt, konnte mir das sagen.

Als ehemaliger Leistungssportler schleppte ich mich hustend in den zweiten Stock meiner Wohnung, nicht ohne dabei an die Nachbarn zu denken, die immer gleich wussten, wer gerade hustend durchs Haus lief.

Vor einer Woche also legte ich mich, zu Hause angekommen, erledigt ins Bett. Aber irgendetwas war anders als sonst. Ich stand nicht mehr zittrig auf, um eine qualmen zu gehen (war Balkonraucher), sondern blieb für anderthalb Tage im Bett.
Während die Gedanken punktlos und wie ein D-Zug durch den Kopf rasten (Alkoholentzug), wurde mir immer klarer, dass ich diesen Dreckstabak nie wieder einatmen wollte. Sinnfrei geworden lag das Kraut nun auf dem Balkon, sinnlos geworden die zwei Flaschen Rotwein im Kühlschrank. „Na ihr – ist Euch langweilig geworden?“ – hörte ich mich schweißgebadet denken und es begann mir, zu gefallen.
Zwischendurch, an Tag zwei, Schüttelfrost, dann wieder Schwitzen – wobei ich nie wusste, ob es jeweils der sinkende Alkohol- oder eben Nikotinspiegel war, einerlei: Alles ein Abwasch eben.

Deutlich spürend, dass alles richtig lief, begann ich an Tag drei, als es mir besser ging, einen kleinen Fehler: Ich ging in die Apotheke, um mir Magentabletten zu kaufen. Verkatert war ich ja schon oft gewesen, aber dermaßen angenervt von allen hektischen, unfreundlichen (so schien mir) Menschen, das hatte es noch nie gegeben. Die Apothekerin grüßte mich nicht einmal, Frechheit, dachte ich und sagte „Guten Tag“. Sie glotze mich nur an und antwortete nicht! Also sagte ich ihr noch einmal „Guten Tag“ ins Gesicht, sagte mir „das gibt es doch nicht“ und verließ postwendend Laden. Daheim in meiner Wohnung angekommen, machte sich ein Gefühl leise breit: Stolz! Ich begann, alle Rauchutensilien zu entsorgen, und erstmals machte sich eine leise Euphorie breit. Abends beim Fernsehen brauchte ich plötzlich keine Werbepausen als Raucherbalkonminuten mehr, stellte ich verblüfft fest: Das „Öffentlich-Rechtliche“ schien wieder attraktiver.

Das Händezittern verschwand und vor allem auch der Reizhusten. Meine nette Nachbarin wird sich fragen, ob ich noch lebte, es ist so ruhig geworden nebenan?
Das Gelbe an den Raucherfingern verschwand im Laufe der Tage ganz von selbst, die Hände sind wieder gepflegt, auch ohne „Bimsstein“.
Nach drei Monaten Rauchfreiheit soll das Lungenvolumen um satte dreißig Prozent angewachsen sein. Das erscheint mir, der sich zuletzt beinahe damit abgefunden hatte, dass ihn pummelige Joggerinnen beim „Hustentraben“ überholt hatten, besonders attraktiv. Neunzig PS unter der Haube sind doch auch spürbar mehr, als sechzig?

Hört man auf, zu trinken und vor allem zu rauchen, gewinnt man vor allem auch eines: Zeit. Überrascht stellten meine Hände fest, dass sie weit mehr drauf hatten, als das Rotweinglas festzuhalten (links) sowie rumzuqualmen (rechts).
„Wer beide Arme in einem Putzeimer drin hat, hat keine Hand mehr frei zum Rumsuchten“ klang es mir nach. Zwei, drei Spinnen in meiner Wohnung fanden das zwar weniger gut, aber mir gefällts, der neue Meister-Proper-Look.

Eben, beim Einkaufen, fiel mir auf, wie günstig es beim Bezahlen ohne Suchtstoffe im Einkaufswagen war. Logisch, das ist doch klar, mag man jetzt denken, aber es ist etwas anderes, das zu wissen oder das wirklich zu erleben! Eben n i c h t zur Kassiererin rufen zu müssen „Öffnen Sie bitte mal die Tabakwaren“.

Insgesamt fühle ich mich, der weiß, dass jede Sucht eine Rückfallkrankheit bedeutet, auf der sicheren Seite. Zwei, dreimal musste ich an meine Balkonminuten denken, reagierte aber innerlich gleich mit einem tiefen „NEIN – nie wieder Dreck in die Bronchien“. Hilfreich finde ich den Tipp anderer hier, sich in so einer einer Situation der Lunge noch einmal dreißig Minuten Galgenfrist zu geben und dabei Ort und Situation zu wechseln. Dann ist das Suchtteufelchen nämlich beinahe garantiert schon wieder bei jemand anderem.

Als Ersatz lutsche ich jetzt ständig Bonbons oder knabbere an irgendetwas rum (Obst, Salzstangen). Das mag für andere, vor allem Bekannte, komisch aussehen, so wie, zumindest zur Zeit, es draußen für mich seltsam aussieht, was andere da tun: Sie Qualmen!
Gleich, nach dieser bewegenden Woche, steht ein erstes, leichtes Lauftraining an. Geduldig bleiben! Aber e i n e pummelige Laufanfängerin will überholt sein, ganz langsam.

So – etwas lang geworden, dieser Bericht, aber ich bin mir sicher, es gibt noch mehr Leser mit parallelem Alkoholproblem. Denen rate ich auf jeden Fall davon ab, es alleine zu Hause und „kalt“, also ganz ohne Tabletten, zu tun, sondern immer im Krankenhaus, da es auch Komplikationen geben kann (Dilier, Krampfanfall). Ich selbst hatte einfach keine Lust mehr auf Krankenhausbetten, denn von denen hatte ich noch aus einer früheren Krebserkrankung heraus wirklich genug gehabt.

Später dann kommt Besuch vorbei. Ob dem wohl was auffällt? 😉

Grüße Jens

PS: Wenngleich die gängige Meinung vieler ist, das gleichzeitiger Alkohol- wie Tabakentzug „Wahnsinn ist“ (ein Laster gebraucht man doch), wissen es wissenschaftliche Untersuchungen besser: Der Zeitpunkt, mit beidem gleichzeitig aufzuhören, ist besonders erfolgreich. Außerdem vermindert sich so das Risiko, sich zum Kettenraucher zu entwickeln.

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